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Kristina Kielblock
Guest
Dieser deutsche Weihnachtsfilm begleitet mich ein Leben lang, aber ich habe Jahrzehnte gebraucht, um ihn endlich zu sehen.
Weihnachten war schon seit früher Kindheit eine besondere familiäre Herausforderung für mich. Das lag vor allem daran, dass sich meine Großmutter in geraumer Geschwindigkeit schon vor der Bescherung betrank, was sie zwar nicht am Kirchgang hinderte, aber am späteren Abend zu theatralischen und wortreichen Ausbrüchen bewegte.
Wenn sich bei diesen Gelegenheiten die Blicke von meinem Vater und mir trafen, sah er meine Gedanken, schmunzelte und sagte: "Du musst dir unbedingt mal diesen Böll-Film anschauen, der wird dir gefallen". Es ist eine satirische Betrachtung der deutschen Familie und ihrer gehaltlosen Feiertagsrituale.
"Nicht nur zur Weihnachtszeit": Echt schwer zu finden
Nach der Erzählung "Nicht nur zur Weihnachtszeit" von Heinrich Böll, der auch das Drehbuch schrieb, ist Anfang der 1970er ein Spielfilm entstanden. Während das Aschenbrödel und andere Weihnachtsfilme alle Jahre wieder sogar mehrmals ausgestrahlt werden, habe ich auf "Nicht nur zur Weihnachtszeit" Jahrzehnte vergeblich gewartet. Zwar gab es Wiederholungen in den 1980er Jahren, aber die habe ich verpasst
Es gibt auch keine VHS oder DVD zu kaufen. Die letzte TV-Ausstrahlung war 2005, auch die ist mir leider entgangen. Dieser Film und ich fanden nicht zueinander. 2025 gibt es unter den zahlreichen Streaminganbietern immer noch keinen, der den ironischen Weihnachtsfilm im Programm hat. Und trotzdem kann man ihn inzwischen anschauen, weil ihn jemand zu YouTube gebracht hat.
Viele der Kommentare unter dem Film weisen darauf hin, dass dieser bittersüße Klassiker auf einer großen Plattform wie Netflix oder Amazon durchaus auch heute noch einige Menschen faszinieren und unterhalten könnte. Das wäre zu begrüßen, denn wie lange der Film auf YouTube zu finden ist, ist unklar.
"Frieden, Frieden!"
Es geht um Tante Milla (Edith Heerdegen) und das Weihnachtsfest 1945, der Krieg ist gerade vorbei. Endlich kann man wieder ein friedvolles Fest, wie zuletzt 1938 feiern, alles wunderbar. Doch als der Baum abgeschmückt ist, bekommt Milla einen Schreikrampf und dieser endet erst, als ein zweiter Baum gekauft und nochmal Weihnachten gefeiert wird. Ab jetzt muss die Familie täglich Weihnachten feiern, nur das schont Millas Nerven. Der Rest der Familie droht allerdings daran zugrunde zu gehen.
Leider hab ich das Werk zu Lebzeiten meines Vaters nie sehen können. Jetzt, wo ich es kenne, sehe ich wieder sein Schmunzeln inmitten der verstörenden Festtagsszenerie, die meine exzentrische Großmutter verursachte und damit alles dominierte. Und ja, ich verstehe, denn der Film vermittelt großartig, dass das Fest der Liebe auch eine im höchsten Maße gruselige Veranstaltung sein kann.
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