Nicht nur Grimms „Aschenputtel“: Auf diesem Buch basiert „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ wirklich

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Kristina Kielblock

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(Bildquelle: IMAGO / United Archives)
Ihr habt es vielleicht schon etliche Male im Fernsehen gesehen, aber habt ihr das Kunstmärchen dazu je gelesen?

Wer sich „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ anschaut, geht wohl meistens einfach davon aus, dass der Film auf einer Verfremdung des „Aschenputtel“-Märchens der Gebrüder Grimm basiert. Das ist aber nur die halbe Wahrheit.

„O Popelce“ oder „Über Ascheputtel“: Das Märchen zum Film​


Der Film basiert nämlich vorwiegend auf dem Märchen der Schriftstellerin und Märchensammlerin Božena Němcová „O Popelce“, das übersetzt „Über Aschenputtel“ heißt. Es entstand zwischen 1842 und 1845, also nach dem „Aschenputtel“ der Gebrüder Grimm 1812 und ist natürlich von diesem beeinflusst.

» Video ansehen: Drei Haselnüsse für Aschenbrödel: 7 kuriose Fakten
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Die Figur des Aschenputtels ist allerdings noch älter, denn auch das Märchen der Grimms geht in Teilen zurück auf die Geschichte „Aschenputtel oder die kleinen Schuhe aus Glas“ von Charles Perrault 1697. Den wahren Ursprung des Märchens kennt wohl niemand, aber sicher ist, dass sich das Aschenputtel als Archetypus noch viel weiter bis ins 9. Jahrhundert und in die Antike zurückverfolgen lässt. Die Variationen der Geschichte sind zahlreich und das Märchen ist bis heute eines der bekanntesten und lebt in neuen Adaptionen in allen Bereichen der Kunst weiter.

Der Begriff „Aschenbrödel“ und die passende Geschichte findet sich dann beispielsweise auch 1845 in Ludwig Bechsteins „Deutsches Märchenbuch“ wieder. Die Grimms verwenden den Begriff „Aschenputtel“ in ihrer Sammlung als stehenden Begriff, er erscheint auch in anderen Märchen, um den Daseinszustand der Protagonist*innen zu beschreiben. Laut ihrem Wörterbuch soll „Aschenputtel“ die hessische Bezeichnung für „Aschenbrödel“ sein, ein Küchenjunge, der in Asche brodelt.

Der Film veränderte die Literaturgrundlage maßgeblich​


Die Aschenputtel-Fassung von Božena Němcová integriert Elemente aus verschiedenen Grimms Märchen, so zum Beispiel „Frau Holle“, „Allerleirauh“ und „Der Froschkönig“. Während im Film die Eule Rosalie die drei Zaubernüsse bewacht, ist es im Märchen ein Frosch, der sie dem Mädchen überreicht, weil ihr der Haselreis versehentlich ins Wasser fiel. Im Original musste Aschenputtel an das Grab ihrer Mutter gehen.

Der beliebte Film bedient sich zwar erkennbar dieser literarischen Grundlage, hat sich aber soweit davon entfernt, dass er letztlich eine ganz eigene Version der Geschichte hinzugefügt hat.

Während im Buch das Aschenputtel mit Schwester Dora, der Stiefmutter und dem Vater zusammenlebt, ist letzterer im Film schon verstorben. Der Knecht bringt die Nüsse vom Einkaufen mit, im Märchen tut dies eigentlich der Vater. Im Märchen bekommt sie drei schöne Kleider, einen Sonnen- einen Mond- und ein Sternenkleid, weil sie den schönen Fürsten in der Kirche sieht. Im Film hat sie ein Jägerkostüm, ein Ball- und ein Hochzeitskleid.

Die Geschichte spielt eigentlich im Sommer, das wurde zusätzlich aus produktionstechnischen Gründen in den Winter verlegt. Wie ihr seht, könnte euch ein Blick in das tschechische Märchen einiges Bekanntes, aber auch viel Neues über das Aschenputtel erzählen. Am Ende sind sich Buch und Film aber einig, denn der Vater, der Fürst und das Aschenbrödel fahren gemeinsam vom Hof und Schwester Dora sowie böse Stiefmutter bleiben alleine auf dem Hof ohne Liebe zurück. Der Film hat es den beiden noch ungemütlicher gemacht, sich aber für dasselbe Schicksal entschieden.

500 Kronen, Tschechien
Die Märchenautorin auf einem tschechischen 500-Kronen-Schein

In Tschechien ist Božena Němcová Kulturgut​


Hierzulande ist die Autorin wohl den meisten unbekannt, aber in Tschechien ist sie fester Bestandteil der Kultur. Und auch der Karrierebeginn der „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“-Hauptdarstellerin Libuše Šafránková ist eng an die Autorin geknüpft, denn deren erster Film war ebenfalls eine Němcová-Verfilmung nach dem Roman „Die Großmutter“, eins der meistverkauften Klassiker der tschechischen Literatur.

Solltet ihr euch mehr für die Autorin interessieren, ist 2005 der Film „Durch diese Nacht sehe ich keinen einzigen Stern“ mit Corinna Harfouch als Božena Němcová erschienen. Es gibt ihn leider aktuell nur auf DVD.

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