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Ein Meisterwerk des amerikanischen Kinos hat die Filmgeschichte nachhaltig geprägt. Nun sorgt Quentin Tarantinos Theorie zum rätselhaften Einzelgänger im Zentrum des Films für neue Diskussionen.
Martin Scorseses „Taxi Driver“ (1976) ist ein Meilenstein des amerikanischen Kinos. Im Zentrum steht Travis Bickle (Robert De Niro), ein vom Vietnamkrieg geplagter Ex-Marine, der sich durch den Großstadtdschungel des von Krieg und Zerfall zerfressenen New York City schlägt.
Als schlafloser Taxifahrer erlebt er die düsteren Seiten der Stadt und verliert sich zunehmend in einem Geflecht aus Wahn, Verfall, Gewalt und Selbstjustiz. Kein Geringerer als Filmemacher Quentin Tarantino hinterfragt nun den Wahrheitsgehalt der Geschichte des „Helden“, der so einschneidend für das Schicksal von Millionen US-Soldaten steht.
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An der Seite eines unerwarteten und hochkarätigen Ensembles arbeitet Martin Scorsese aktuell an einem ebenfalls in den 1960er- und 1970er-Jahren spielenden Gangsterepos. Mehr Infos zu dem Projekt findet ihr im Video:
LinkThe Rock vs. DiCaprio im neuen Film von Martin Scorsese?
Während die Hauptfigur des Thrillers meist durch ihre traumatischen Erlebnisse im Krieg charakterisiert wird, stellt Quentin Tarantino 50 Jahre nach dem Kinostart von „Taxi Driver“ nun genau diese zentrale Erfahrung infrage. In seiner Essaysammlung „Cinema Speculation“ analysiert er das amerikanische Kino der 1970er-Jahre und wirft einen neuen Blick auf das Werk des vielfach ausgezeichneten Regisseurs Martin Scorsese und des Drehbuchautors Paul Schrader.
Bisher war das Kriegstrauma ihres Protagonisten der Schlüssel zur Erklärung von Wahn und Aggression des selbsternannten Vietnam-Veteranen. Doch kann Travis Bickle wirklich ein Soldat gewesen sein? Laut Tarantino ist Bickle ein Produkt der Isolation und eine Projektion der dysfunktionalen Großstadt. Dazu braucht es keine Kriegserfahrung: Die im Film durch Dialoge und die prägnante grüne Militärjacke gezeigten Hinweise auf den Veteranenstatus könnten ebenso gut Teile der Selbstinszenierung Bickles sein – einem ohnehin zweifelhaften Erzähler.
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Diese Deutung zeichnet Bickle nicht mehr als Opfer des Kriegsdienstes, sondern als Produkt der Einsamkeit. Seine rassistische Gesinnung und Paranoia im Umgang mit Schwarzen stehen im Widerspruch zu der Tatsache, dass afroamerikanische Soldaten zahlreich im Vietnamkrieg gedient haben. Darüber hinaus gibt es keine visuellen Belege durch Rückblenden, weshalb der manipulative Einzelgänger Travis Bickle das Kinopublikum womöglich über Jahrzehnte hinweg täuschen konnte.
„Taxi Driver“ irritiert und fasziniert das Publikum seit den 1970er-Jahren. Im Interview reflektiert Martin Scorsese seine bekanntesten Filme und erzählt, dass er bewusst mit Konventionen brach, um das Publikum aus dem Gleichgewicht zu bringen und mit damals üblichen typischen Blickachsen zu brechen. Das ist ihm gelungen.
„Taxi Driver“ zählt trotz der Ambivalenzen des Stoffes zu den einflussreichsten Filmen des 20. Jahrhunderts, katapultierte nebenbei Oscar-Preisträgerin Jodie Foster zum Star und inspirierte diverse Kinoproduktionen. Ob Travis Bickle ein Vietnamveteran ist, ist schlussendlich unerheblich. Er funktioniert als Verkörperung eines Zeitgeistes und als Psychogramm eines isolierten Mannes.
„Taxi Driver“ ist ein kontrastreiches Porträt der Vereinsamung und Anonymität. Nicht nur Tarantino bewundert daher auch ein halbes Jahrhundert nach dem Kinostart noch immer die Mehrdeutigkeit, die den Film zu einem sehenswerten Kunstwerk macht.
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Martin Scorseses „Taxi Driver“ (1976) ist ein Meilenstein des amerikanischen Kinos. Im Zentrum steht Travis Bickle (Robert De Niro), ein vom Vietnamkrieg geplagter Ex-Marine, der sich durch den Großstadtdschungel des von Krieg und Zerfall zerfressenen New York City schlägt.
Als schlafloser Taxifahrer erlebt er die düsteren Seiten der Stadt und verliert sich zunehmend in einem Geflecht aus Wahn, Verfall, Gewalt und Selbstjustiz. Kein Geringerer als Filmemacher Quentin Tarantino hinterfragt nun den Wahrheitsgehalt der Geschichte des „Helden“, der so einschneidend für das Schicksal von Millionen US-Soldaten steht.
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An der Seite eines unerwarteten und hochkarätigen Ensembles arbeitet Martin Scorsese aktuell an einem ebenfalls in den 1960er- und 1970er-Jahren spielenden Gangsterepos. Mehr Infos zu dem Projekt findet ihr im Video:
LinkThe Rock vs. DiCaprio im neuen Film von Martin Scorsese?
Ist Bickle ein Veteran oder ein Betrüger?
Während die Hauptfigur des Thrillers meist durch ihre traumatischen Erlebnisse im Krieg charakterisiert wird, stellt Quentin Tarantino 50 Jahre nach dem Kinostart von „Taxi Driver“ nun genau diese zentrale Erfahrung infrage. In seiner Essaysammlung „Cinema Speculation“ analysiert er das amerikanische Kino der 1970er-Jahre und wirft einen neuen Blick auf das Werk des vielfach ausgezeichneten Regisseurs Martin Scorsese und des Drehbuchautors Paul Schrader.
Bisher war das Kriegstrauma ihres Protagonisten der Schlüssel zur Erklärung von Wahn und Aggression des selbsternannten Vietnam-Veteranen. Doch kann Travis Bickle wirklich ein Soldat gewesen sein? Laut Tarantino ist Bickle ein Produkt der Isolation und eine Projektion der dysfunktionalen Großstadt. Dazu braucht es keine Kriegserfahrung: Die im Film durch Dialoge und die prägnante grüne Militärjacke gezeigten Hinweise auf den Veteranenstatus könnten ebenso gut Teile der Selbstinszenierung Bickles sein – einem ohnehin zweifelhaften Erzähler.
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Diese Deutung zeichnet Bickle nicht mehr als Opfer des Kriegsdienstes, sondern als Produkt der Einsamkeit. Seine rassistische Gesinnung und Paranoia im Umgang mit Schwarzen stehen im Widerspruch zu der Tatsache, dass afroamerikanische Soldaten zahlreich im Vietnamkrieg gedient haben. Darüber hinaus gibt es keine visuellen Belege durch Rückblenden, weshalb der manipulative Einzelgänger Travis Bickle das Kinopublikum womöglich über Jahrzehnte hinweg täuschen konnte.
Wie „Taxi Driver“ zum Kultfilm wurde
„Taxi Driver“ irritiert und fasziniert das Publikum seit den 1970er-Jahren. Im Interview reflektiert Martin Scorsese seine bekanntesten Filme und erzählt, dass er bewusst mit Konventionen brach, um das Publikum aus dem Gleichgewicht zu bringen und mit damals üblichen typischen Blickachsen zu brechen. Das ist ihm gelungen.
„Taxi Driver“ zählt trotz der Ambivalenzen des Stoffes zu den einflussreichsten Filmen des 20. Jahrhunderts, katapultierte nebenbei Oscar-Preisträgerin Jodie Foster zum Star und inspirierte diverse Kinoproduktionen. Ob Travis Bickle ein Vietnamveteran ist, ist schlussendlich unerheblich. Er funktioniert als Verkörperung eines Zeitgeistes und als Psychogramm eines isolierten Mannes.
„Taxi Driver“ ist ein kontrastreiches Porträt der Vereinsamung und Anonymität. Nicht nur Tarantino bewundert daher auch ein halbes Jahrhundert nach dem Kinostart noch immer die Mehrdeutigkeit, die den Film zu einem sehenswerten Kunstwerk macht.
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